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Die Kolumne

Jeden Monat stanzen Kudernatsch & Co hier etwas Neues für euch zurecht. Diesmal heißt es:

Wo ist die Bratwursthexe?

Bratwurst
Früher wurde man angeschrieen, wenn man in Erfurt aus dem Anger-Kaufhaus trat. Da stand eine Frau mit spitzem Hut, legte Würste auf den Grill und brüllte: „Kommse ran, kommse her! Erfurt ohne Wurst – das ist wie Paris, ohne den Eiffelturm zu sehen!“

Ob all die französischen Nieten dem direkten Vergleich mit der Thüringer Rostbratwurst standhalten, war der Frau schnurzpiepegal. Sie war die Bratwursthexe und ritt nicht den Besen, sondern auf der Wurst herum. Ihr Kostüm kurbelte den Verkauf an – davon hätte sich mancher Gastronom eine Scheibe abschneiden können. Was für eine Marketing-Idee, Kost in Kostüm zu verabreichen! Mir würde für Thüringen höchstens ein Kloß-Kasper einfallen, aber keine Bratwursthexe.

Die Frau räucherte wacker das Luther-Denkmal ein und rutschte Tag für Tag ein Stückchen weiter nach vorn mit ihrem Grillstand. Irgendwann wäre sie bestimmt an der Straßenbahnhaltestelle angekommen, so dass sie für alle Fahrgäste der Linien 1, 2 und 5 ein „Drive-In“ hätte anbieten können.

Ich war so beeindruckt, ich schrieb der Frau ein Gedicht:

 

Die Bratwursthexe

Es gibt keine weit und breit
Die so furchtbar heftig schreit
Gleich neben Erfurts Post
Schreit sie laut am Rost
Ja manchen, den erschreckt‘se
Sie ist die Bratwursthexe

Statt Hänsel und Gretel
Brät sie Wurst und Brätel
Doch besser als das Grillen
Kann sie brillant brillen
Sicher hat sie keinen Mann
Darum brüllt sie Würste an.

Wenn du sie siehst, dann neck‘se:
„Du olle Bratwursthexe!“

Hoffentlich haben sie nicht zu viele Menschen geneckt, denn nun ist die Bratwursthexe leider verschwunden. Ich vermisse sie sehr. Noch vor der Krämerbrücke war sie Erfurts Fotomotiv Nr. 1 für alle Touristen aus nah und fern. Dort, wo sie einst hexte, steht nun ein kleines Restaurant. Es heißt „Billes“ – und mancher behauptet, es würde ihr gehören – da sie in Wahrheit „Sybille“ heißt.

Ich befürchte aber, dass das nicht stimmt und ihr vielmehr etwas zugestoßen ist. Vermutlich wurde sie erlegt und ausgestopft und wird nun im Bratwurstmuseum in Holzhausen ausgestellt. Dessen Betreiber schrecken vor nichts zurück – die konstruieren begehbare Riesenbratwürste und küren einen Bratwurstkönig. Da wäre die Bratwursthexe ein willkommenes Exponat.

Ich werde demnächst inkognito nach Holzhausen reisen und das Museum besuchen. Und wenn ich in der Ausstellung die Bratwursthexe finde, werde ich ihr mein Gedicht an den Hexenhut pinnen und bei einer frischen Bratwurst fettige Tränen vergießen.

(Kudernatschs Kolumne. Aus: Blitz! Das Stadtmagazin für Erfurt, Jena und Weimar. Nr. 5/2010)

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